Dass eine Interessensvertretung wie der Landesverband Freie Tanz- und Theaterschaffende Baden-Württemberg e.V. (LaFT BW) Fördermittel vergibt ist eine bundesweite Besonderheit. Der Vertrauensvorschuss seitens des Landes wird nun durch eine neu erschienene Evaluation der EVALAG bestätigt. Es wurde viel getan um Bürokratie abzubauen, Prozesse effektiver zu gestalten und die Antragstellung zu vereinfachen.
„Wirksame Förderprogramme brauchen eine wirksame, zukunftssichere Verwaltungsstruktur mit gesicherten finanziellen Ressourcen und Personal . Wir freuen uns, dass EVALAG unsere Arbeit bestärkt.“, sagt Eva-A. Maj, Geschäftsführerin des LaFT BW. Mit kleinen Mitteln habe man Großes geschafft und wolle diesen Weg weitergehen: „Wir wollen bei nachhaltiger Förderung eine Vorreiterrolle einnehmen.“ Wie das geht, dazu gibt der nun erschienene Abschlussbericht der Evaluation wertvolle Empfehlungen.
Förderprogramme sind essenziell für eine kulturelle Versorgung des Landes
Die Freien Darstellenden Künste setzen dort an, wo Staats- und Stadttheater aufhören. Sie schafft vielfältige Räume, in denen akute gesellschaftliche Fragen ausgehandelt werden können. Sie schaffen Neues, bewahren Traditionen und bringen Kunst niedrigschwellig dorthin, wo sie gebraucht wird. Für Publikum jeden Alters leisten sie kulturelle Grundversorgung sowohl im ländlichen Raum wie auch in Ballungsräumen. Die Förderprogramme des LaFT BW spielen eine entscheidende Rolle für den Erhalt und die Qualität der Freien Darstellenden Künste in Baden-Württemberg. Die Studie empfiehlt dahingehend drei Förderlinien: mehrjährige Förderung, ergebnisoffene Künstler*innenförderung sowie breitenwirksame Zuschussförderung. Hiermit können sowohl die Arbeit an Strukturen, Produktionen wie Aufführungen von der Förderung abgedeckt werden.
Weg von der Kurzfristigkeit – hin zur Nachhaltigkeit
Die Evaluation zeigt auch ein hohes Bedürfnis nach Planbarkeit und finanzieller Sicherheit. Kurze Projektspannen mit geringen Summen stehen häufig für ein Springen von Projekt zu Projekt. Das ist nicht nur zehrend für die Beteiligten, sondern auch verbunden mit erheblichem Verwaltungsaufwand. Kontinuierliches Arbeiten wird dadurch oft erschwert. Besonders in Anbetracht der prekären finanziellen Situation vieler freier Künstler*innen braucht es Strukturen, um langfristig sicher arbeiten zu können. So empfiehlt die Evaluation besonders ein Augenmerk auf mehrjährige Förderlinien zu legen. Insbesondere solle die mehrjährige Konzeptionsförderung bestehen bleiben. Aber auch einmalige mehrjährige Förderlinien wie z.B. Struktur- oder Entwicklungsförderung sollen – falls finanzierbar – angeboten werden.
„Wie gelingt nachhaltiges Wirtschaften? Für Künstler*innen ist das eine existentielle Frage.", betont Madeline Ritter, Direktorin von Bureau Ritter und beratende Expertin der Evaluation. „Kulturelle Wirkung braucht Planungssicherheit – und damit mehrjährige Förderzyklen und deutlich größere Budgets. Diese Evaluation liefert der Politik die Grundlage, jetzt mutig besser und nachhaltiger zu fördern!“
Weg von der Projektlogik
„Wir müssen weg von der Projektlogik“. Das sagte und derzeitiges Mitglied im Bundestagsausschuss für Kultur und Medien Nancy Faeser M.d.B. (SPD) kürzlich beim Bundestreffen des Fonds Darstellende Künste. Es brauche Förderstrukturen, die unabhängig von Produktionen und offen für verschiedenste Ergebnisse sind.
„Gerade in Zeiten enger kommunaler Kassen braucht es eine starke und langfristige Unterstützung des Landes, damit die Vielfalt der Darstellenden Künste in Baden-Württemberg aufrecht erhalten werden kann. Es braucht Fördermöglichkeiten, die ergebnisoffenes und kontinuierliches Arbeiten bestärken, die Bildung von Netzwerken ermöglichen. Die Arbeitsbedingungen für Freie Künstler*innen müssen sich dringend verbessern“, so Luise Leschik, Laura Heinecke, Ricarda Walter, Andreas Jendrusch und Florian Kaiser, die den Vorstand des LaFT BW stellen.
Die Evaluation empfiehlt die derzeitige Projektförderung zu einer Künstler*innenförderung auszubauen, die sowohl für Produktionen als auch für ergebnisoffene Prozesse zur Verfügung steht. Sowohl für Konzeptions- als auch für Künstler*innenförderung wird dabei weiterhin eine Vergabe durch eine Jury mit klaren und nachvollziehbaren Richtlinien für deren Entscheidung empfohlen.
Großes entsteht aus Kleinem
Was sich in den Freien Darstellenden Künsten wieder und wieder zeigt, ist, dass Großes aus Kleinem entstehen kann. Vergleichsweise geringe Fördersummen in flexible Strukturen der Freien Szene können viel bewirken. Die Evaluation empfiehlt in diesem Zusammenhang eine Zuschussförderung, die möglichst vielen Antragstellenden offen steht und niedrigschwellig und unbürokratisch beantragt werden kann. Als Interessensvertretung mit breit aufgestellter Basis begrüßt der LaFT BW dies besonders.
LaFT BW und Land Baden-Württemberg als Vorreiter in der Kulturförderung?
Mehr Flexibilität und mehr Langfristigkeit – so lassen sich die Empfehlung der Evaluation zusammenfassen. Nun ergibt sich wieder die Chance für MWK und LaFT BW gemeinsam Pionierarbeit zu leisten. Wie einst bei der Entscheidung, die Fördermittel durch eine Interessensvertretung zu vergeben, kann mit Mut und Blick in die Zukunft eine Vorreiterrolle unter den Bundesländern eingenommen werden, was nachhaltige Kulturförderung angeht. Die Strukturen des LaFT BW geben diese Entwicklung dank der kontinuierlichen Arbeit der letzten Jahre her. Diese Chance gilt es jetzt zu nutzen.